|
Darum sollten an den Bändern unseres Vorhangs Stillesymbole hängen, kleine Dinge, die an Stille erinnern. Bevor aber überhaupt die Rede davon im Unterricht war, befassten wir uns in einer Stilleübung mit der Stille an sich. Die Kinder bekamen die Aufgabe, für einige Minuten ganz still zu werden, die Augen zu schließen, die Stille zu spüren, und dabei zu überlegen, wo, wann, in welcher Situation, in welcher Gegend, bei welchen Anlässen es sonst noch still ist.
Anschließend schrieben die Kinder ihre Gedanken als Schlagworte auf Zettel. Die Begriffe wurden auf ihre Stimmigkeit überprüft und als Themen für die Partner- oder Einzelarbeit unter den Kindern verteilt. Auf die weitere theoretische Vorarbeit wurde relativ viel Zeit verwendet, denn ich wollte den Kindern, die ich erst seit Schuljahresbeginn in Kunst unterrichte, diese Arbeitsweise intensiv näherbringen.
So kam nun erst der Vorhang ins Spiel: Ich brachte einen provisorischen Vorhang aus Fäden in der Klassentür an, durch den die Kinder nach der Pause einzeln hindurchgingen mit dem Auftrag, darauf zu achten, was sie dabei spürten, wie der Vorhang auf sie wirkte. Die Erfahrung, den Übergang in einen anderen Raum körperlich zu spüren, wurde mit dem Thema Stille verknüpft.
Wir wandten uns dann wieder den zuvor erarbeiteten Stille-Begriffen zu. Zu jedem Begriff sollte ein eigenes Band mit entsprechenden Dingen angefertigt werden. Aus ihren Begriffen leiteten die Kinder zunächst gegenständliche Symbole ab, indem sie überlegten, welche Dinge typisch für ihren Begriff sind und als Erkennungszeichen fungieren können. Im nächsten Schritt planten sie, wie diese Dinge im Kleinen hergestellt werden können und welche Materialien dazu nötig sind, bzw. welche Dinge man auch „in echt“ verwenden kann. Diese Planung erfolgte schriftlich, diente als weitere Arbeitsgrundlage und auch als Überprüfungs- und Dokumentationsmöglichkeit der gesamten Arbeit und des Endergebnisses.
Die Antworten der Kinder auf die Frage „Wo und wann ist Stille?“ lauteten: im Bett, bei Nacht, auf dem Friedhof, beim Angeln, wenn man ein Buch liest, in der Kirche, auf einer Wiese, beim Zuhören, im Krankenhaus, im Wald, auf der Toilette, beim Denken, wenn man allein zu Hause ist, unter der Dusche, in der Wüste, bei den Hausaufgaben, Kuscheltiere, Opa.
In der abschließenden Reflexion stellten die Kinder ihre Arbeiten von der Begriffsfindung über die Planung und Durchführung bis hin zum Ergebnis vor. |