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Warum tragen wir eigentlich Laternen durch die Dunkelheit? |
Ursprung hierfür scheint das urtümliche menschliche Bedürfnis nach Licht in der Finsternis zu sein, nach Helligkeit in dunklen, trüben Novembertagen, wenn der Winter erst so richtig beginnt. Im Dunkeln haben viele Kinder - und auch Erwachsene - Angst. Mit der Dunkelheit sind finstere Gestalten, Dunkelmänner, dunkle Geheimnisse, Gefahren, das Böse verbunden. Im Licht haben geheimnisvolle Schattenwesen keine Chance mehr. Die Laternen beim Martinsumzug sind tröstliche, anheimelnde Hoffnungsschimmer am Beginn einer langen, dunklen Nacht. Licht vertreibt die Schemen der Ängste, man fühlt sich sicher, geborgen und getröstet. |
Dunkle Angst und lichte Hoffnung |
Wie fühlt man sich im Dunkeln? Im dunklen Kinderzimmer vor dem Einschlafen, im dunklen Keller, im dunklen Wald? Wo ist es sonst noch dunkel? Warum hat man Angst und wovor hat man Angst? Wie fassbar und darstellbar sind die Ängste? Welche Wirkung hat das Licht, das am Schluss in die Dunkelheit kommt? Aus den Erfahrungen der Kinder mit Dunkelheit und Licht soll ihre Laternengestaltung entwickelt werden |
Dazu holen wir uns jetzt Anregung bei einem Künstler: Wir besuchen die Schattenspiel-Installation "Totentanz" von Christian Boltanski im Zentrum für Internationale Lichtkunst in Unna. Eindrucksvoll im dunklen Kellergewölbe inszeniert, zucken, schweben, hüpfen Schattenteufel beiderlei Geschlechts in einem an die Wand geworfenen Lichtkreis in einem geräuschlosen, teils unheimlichen, teils durch die Zappelbewegungen auch lustigen Totentanz. Hier haben wir nun die besagten Gestalten der Finsternis, und sie bestehen sogar aus Finsternis, die Dunkelheit ist das Material, aus dem sie gemacht sind. |
Boltanski arbeitet hier mit den alten kunsthandwerklichen Techniken Scherenschnitt und Schattenspiel, mit der auch viele der heute aktuellen, oben angesprochenen Martinslaternen arbeiten: In Pappe werden Figurendetails eingeschnitten - bzw. aus ihr ausgeschnitten -, die Pappe wird mit Transparentpapier hinterklebt, und aus dem Kontrast zwischen lichtundurchlässiger Pappe und lichtdurchlässigem Transparentpapier ergibt sich im Dunkeln ein Laternen-Bild. Dieser traditionelle und den Kindern bereits bekannte Einsatz von Licht und Dunkelheit als gestalterische Mittel ist zur Darstellung unseres Themas "Ängste der Dunkelheit und Trost des Lichts" besonders geeignet, weil Gestaltungsmittel und Inhalt nicht nur zueinander passen, sondern sogar identisch sind. |
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Vom Schattenspiel zum Scherenschnitt |
Aus den Überlegungen "Welche Ängste weckt die Dunkelheit in mir?" und "Was hilft mir über diese Ängste hinweg, was tröstet mich so wie das Licht in der Dunkelheit?" sollen die Kinder die Scherenschnittbilder für ihre Martinslaternen entwickeln, und zwar jeweils ein Bild über die Angst der Dunkelheit und eins über den Trost des Lichts. |
Diese Silhouetten erarbeiten wir uns mit der zweiten oben angesprochenen Technik: dem Schattenspiel. Die Kinder überlegen sich mögliche Darstellungsweisen ihrer Ängste und Tröstungen und führen sie im Schattenbild mit ihren Körpern und ausgewählten Gegenständen vor. Dabei müssen Positionen gefunden werden, die der Zweidimensionalität der entstehenden Schatten Rechnung tragen. Eine klare Körpersprache ist wichtig, ebenso die Überlegung, welche Requisiten nötig sind. Ziel ist ein prägnantes Standbild, das auf beiden Seiten der Leinwand sichtbar ist und somit von Zuschauern und Akteuren gleichzeitig beurteilt werden kann. |
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Beängstigend: Der Zauberer will das Kind verzaubern. - Tröstlich: Kartenspielen mit dem Freund. |
© Unterrichtsidee: Nicola Rother 2003 |