Stillleben
echt und unecht
Was ist ein Bild?
Buntes Laub auf allen Straßen - welche Zeichen und typischen Repräsentanten gibt es noch für den Herbst? Nicht nur der Drache - schon mehr ein Klischee als Kinderalltag -, sondern viele Dinge können das sein: die warmen Socken, die man im Sommer nicht brauchte, die Papiertaschentücher für die laufende Nase, die Legosteine, die wieder verstärkt zum Einsatz kommen, der heiße Kakao, der so schön wärmt.
Die Kinder bringen ihre persönlichen "Herbstdinge" mit, was ihnen zunächst schwerfällt, da die unscheinbaren Alltagsdinge weniger ins Auge fallen und weniger als Betrachtungsgegenstand gewohnt sind als die bunten Blätter und die Kastanien.
Alle legten ihre Dinge auf eine gemeinsame Unterlage (z. B. Packpapier). Zunächst wurden die Dinge aus Gebrauchssicht in ihrer "Herbstlichkeit" betrachtet.
Dann stellte ich die Frage, ob das jetzt schon ein Bild sei - "Nein", fanden die Kinder. Dies brachte mich auf den Gedanken, zu thematisieren, was ein Bild ausmacht. Im Hinterkopf hatte ich dabei Daniel Spoerri, mit dem wir es im Zusammenhang mit "Essstillleben früher und heute" noch zu tun bekommen würden, und der aus Realität ein Bild machte, indem er die Realität nahm, sie fixierte und sie an die Wand hängte.
Unsere Dinge wurden gemalt, ausgeschnitten und auf eine zweite Unterlage gelegt. Hierdurch sahen sich die beiden Anordnungen schon mal ähnlich, und die Kinder fanden jetzt, eigentlich könnten beides Bilder sein. Sie sahen einige Unterschiede: Die Dinge "stehen ab" und man kann sie "nicht auf einmal sehen, weil sie verschiedene Seiten haben", dagegen sind die gemalten Bilder "platt" und es gibt "nur eine Seite" zum Ansehen. Die Dinge sind "echt" und die Bilder "unecht". Außerdem kann ein Bild durch einen Rahmen definiert werden. Ganz tolle Erkenntnisse im 2. Schuljahr, fand ich! Und wie könnten wir jetzt die ausgelegten Dinge ganz eindeutig zum Bild machen? Na klar, die Dinge einfach aufkleben und das fertige Bild aufhängen.
Das taten wir mit dem "echten" und dem "unechten" Stillleben und hängten das übliche, repräsentierende Bild neben das unübliche Realitätsbild.