Anfang des Schuljahrs 2010/2011 bezog die neu gebildete Klasse 3a einen Klassenraum im Kellergeschoss. Mit gemischten Gefühlen machten wir uns auf (bzw. ab) in die Tiefe. Der Klassenraum selbst war gar nicht übel, denn er hatte ebenso große Fenster wie alle anderen Klassen, und der Ausblick auf die ansteigende Wiese war auch nicht schlecht. Nur der Weg zur Klasse durch das nach unten hin dunkler werdende Treppenhaus war nicht so angenehm. Man fühlte sich schon ein bisschen wie ein benachteiligtes “Kellerkind”.

www.nicola-rother.de

Flur der Kellerkinder

Die Wände des Treppenhauses waren leer, keine aufmunternden Bilder bemühten sich, die Stimmung zu heben. Also galt es, mit einer ortsbezogenen künstlerischen Gestaltung dieses Kellergefühl im Flur gleichzeitig darzustellen und positiv umzuwandeln.

 Licht und Farbe wollten wir in den Kellerflur bringen, mit Bildern zum Thema Keller, die aber keller-untypisch hell und leuchtend sein sollten. Hierzu sollte als Material etwas benutzt werden, das ebenfalls Bezug zu unserer Klasse hat, nämlich die Deckel der Kakaoflaschen vom Schulfrühstück.

Also sammelten wir fast das ganze Schuljahr lang diese Deckel, spülten sie gründlich und schrubbten auch die Haltbarkeitsaufdrucke ab. Als wir glaubten, dass annähernd genug Material zusammengekommen war, konnte die Unterrichtseinheit zum Thema “Keller” beginnen. Ihr Verlauf ist hier skizziert.

 Die Deckel aus stabilem weißem Kunststoff können im Gegensatz zu den Flaschen selbst nicht wiederverwendet werden, weil sie zum Trinken durchstochen werden. Mit farbigem Lack überzogen, sollten sie zu Mosaiksteinen geadelt werden.

Kellertypische Dinge, Lebewesen und Gefühle.

Nach der Sensibilisierung für das Thema wurden Entwürfe gezeichnet und ausgewählt: Werkzeugkoffer, Spinne, sich windende Kellertreppe, auf der einem mulmig wird, Maus, Waschmaschine — alles kellertypische Dinge, Lebewesen und Gefühle. Über den Frosch im Keller kann man streiten, aber er hatte es uns angetan. Entwickelt hatte er sich aus dem Bild eines Molchs, den man schon mal im Keller finden kann.

Die Zeichnungen wurden mit Folienstift auf Folie durchgepaust, mit dem Overheadprojektor auf die großen, stabilen Styroporplatten projiziert und mit hellem Filzstift nachgezeichnet.

Damit die Bilder auch richtig leuchten, wurden sie – im Freien und mit Schutzbrille etc. – mit Neonfarben besprüht. Das spezielle und begrenzte Spektrum der Neonfarben erforderte eine Abwandlung  der üblichen Gegenstandsfarbe: Die graue Maus wurde neongelb, die schwarze Spinne neonblau. Für die Umrandung verwendeten wir Metallicfarbe.

Durch die Löcher, die zum Kakaotrinken in die Deckel gepiekst worden waren, wurden ausreichend lange  Nägel mit nicht zu kleinem Kopf gesteckt und in den Styroporuntergrund geschoben. Diese Art der Befestigung ist relativ schnell, einfach und korrigierbar. Letzteres war nötig, denn es war gar nicht so einfach, die Flächen gleichmäßig auszufüllen und Details mit den doch relativ großen Kakaodeckeln darzustellen.

Nach der Fertigstellung der Mosaike habe ich sie – nach Schulschluss und im Freien, wegen der dabei entstehenden giftigen Dämpfe – mit einem Styroporheißschneidegerät in Form gesägt oder vielmehr “geschmolzen”.

Im Zusammenhang mit diesem Unterrichtsvorhaben fielen mir – wie das immer so ist – verschiedene Gestaltungen in Kunst und Design auf, die mit unserer Arbeit Gemeinsamkeiten hatten. So z. B. die Deckengestaltung im Flughafen Hannover, von wo aus ich nach München flog. Dort wiederum entdeckte ich im U-Bahnhof Karlsplatz/Stachus eine Decke aus noch deutlicher “kakaoflaschendeckelähnlichen” Elementen. Eine Abbildung der Lichtskulptur “Hyperion” fiel mir mit der Zeitschrift “art” in die Hände, und in der “Vogue” hatte jemand die geniale Idee gehabt, als Illustration zu einem Gesundheitsthema ein Menschenbild in Form eines Tablettenmosaiks zu entwerfen. Diese Bilder wurden dann auch im Unterricht betrachtet und ihre jeweilige Verwandtschaft zu unserer Arbeit thematisiert.

Decke im Flughafen Hannover in Gesamt- und Nahaufnahme

Decke im neugestalteten U-Bahnhof Stachus in München

Tablettenmosaik aus der britischen Vogue

Und hier gibt es ein tolles Video der Lichtinstallation “Hyperion” von “rosalie”.

Dieses Kunstwerk wurde aus Dosenteilen und -verschlüssen gemacht.


© Unterrichtsidee: Nicola Rother 2011