Von innen nach außen:
Bildliche Verbindung von Körper und Gegenstand, angeregt durch Frida Kahlo
Der Besuch von
Kunstausstellungen wird für mich erst dann zum wahren Genuss, wenn
aus ihm didaktische Inspiration erwächst, er mich also auf Ideen
für den Kunstunterricht bringt. So war es auch in der Ausstellung
zu Frida Kahlo der Tate Modern in London 2005.
Das Bild
"Selbstporträt als Tehuana oder Diego in meinen Gedanken"
erschien mir für Kinder interessant und zugänglich, weil es
Redewendungen und allgemeingültige Vorstellungen wörtlich
nimmt und sie gleichzeitig gegenständlich und sinnbildlich
darstellt. Man malt und macht sichtbar, was man sonst nur unsichtbar
und lediglich fühlbar "im Kopf" hat. Dies wird im Bild an die
Oberfläche geholt und auf dem Körper dargestellt.
Besonderes
Vergnügen machte mir, dass ich parallel ständig einer
Werbeserie in der Londoner U-Bahn begegnete, die nach dem gleichen
Prinzip arbeitet. Ist es im Fall Frida Kahlo der Kopf, so ist es bei
Firma Müller der Bauch, der zeigt, was sich in ihm befindet und
was ihn beglückt - nämlich indem dies auf ihm abgebildet ist.
Ergänzend fiel mir später noch das Titelbild einer
Geldinstitut-Zeitschrift in die Hände, das wiederum mit dem
gleichen Mittel arbeitet.
In allen drei Beispielen erfolgt die Abbildung des
Gegenstandes (bzw. der Person) jedoch nicht auf dem Körper selbst,
sondern immer auf einer Abbildung des Körpers. Dies war im
Unterricht zu betonen, denn die verbreitete Tattoo-Mode stellte den
Kindern eine Falle: Sie waren geneigt, das Bild auf der Stirn als
Tattoo zu deuten. Ihnen war nicht unbedingt klar, dass das Bild nicht
wirklich auf dem Kopf der Frau, sondern nur auf einem Bild des Kopfes
vorhanden ist.
Der Unterricht begann mit der Betrachtung des Bildes von Frida Kahlo.
Erst nachdem dieses analysiert war, wurden die Bilder aus der Werbung
ins Spiel gebracht, um durch diese Variationen die Bildstrategie noch
deutlicher zu machen und um zu eigenen Weiterentwicklungen anzuregen.
Die Kinder des 4. Schuljahres konnten die Darstellungsabsicht Frida
Kahlos überwiegend richtig deuten und nachvollziehen. Die
weiße Kleidung (gedeutet als mögliches Hochzeitskleid) und
die Wurzeln der Blumen (gedeutet als Zeichen der Verbundenheit) trugen
hierzu bei.
Von Kopf, Bauch und Auge ausgehend überlegten die Kinder, welche
Dinge, Personen oder Tätigkeiten ihnen wichtig sind und mit
welchem Teil ihres Körper sie diese ganz besonders in Verbindung
bringen würden.
Dabei kamen die Kinder von selbst auf die Problematik der
Darstellungsgröße und damit -erkennbarkeit: Es ist meistens
sinnvoll, nicht den ganzen Körper abzubilden, sondern nur die Zone
des betreffenden Körperteils.
Aus demselben Grund bat ich die Kinder, bei ihren Bildern mit der
Darstellung des Gegenstandes zu beginnen und den Körper dann darum
herum zu malen, damit die Gegenstände ausreichend Platz haben
würden.
Aufträge zur Internet-Recherche über Frida Kahlo ergänzten die Arbeit.
© Unterrichtsidee: Nicola Rother 2005
Judith: Das ist mein Mund mit Noten als Zeichen, dass ich gerne singe
Elaine: Meine Lieblingsband im Ohr
Kevin: Mein Herz mit Hunden, weil ich sie liebe
Shanice: Das Bild bedeutet, dass ich mir ein Meerschweinchen wünsche
Julia: Das ist mein Kopf und ich wünsche mir ein Einrad
Katharina: Ich reite gern, und dazu braucht man am meisten die Beine