Eines Abends in Hannover kam ich auf dem Weg vom Sprengel-Museum zum Kunstverein an diesen abgestellten Fahrrädern vorbei. Ein Fahrrad tanzte aus der Reihe der brav und ordentlich abgestellten Kollegen: Es stand kopf.

www.nicola-rother.de

Aus der Reihe getanzt –
alle machen das Gleiche,
nur einer macht es anders

"Das ist Kunst!", dachte ich, und hielt es im Foto fest.

Mit dem exzentrischen Kopfsteher sympathisierte ich sofort: Alle verhalten sich konform und alltäglich, aber einer probiert etwas Anderes, etwas Verrücktes aus, das für die nüchtern, pragmatisch und angepasst Denkenden und sich Verhaltenden völlig abwegig und überkandidelt ist.

Konnte ich diesen Fund nun im 1. und 2. Schuljahr verwenden? Wohl kaum mit der ganz tiefsinnigen Interpretation. Aber doch mit dem Herausarbeiten des Prinzips:
„Da sind viele Fahrräder. Fast alle machen das Gleiche, nur eins macht etwas anderes."

Somit lautete der Arbeitsauftrag für die Kinder: „Überlegt euch in Vierergruppen etwas, das drei Kinder gleich machen und eins anders macht."

Auffallend bei den Ergebnissen ist, dass in den meisten Fällen das Kind bzw. der Gegenstand, der etwas anders macht, als letzter in der Reihe auftritt. Lag es an der Aufgabenformulierung? Oder an der Unsicherheit der Kinder im Umgang mit der ungewohnten Aufgabenstellung? Wahrscheinlich einfach daran, dass ich außer dem obigen aus dieses Bild gezeigt hatte:

Eine Variante der Aufgabe bestand darin, Dinge im Klassenraum zu finden, die mehrfach vorhanden sind. Diese Dinge sollten dann ebenfalls nach dem Prinzip "Alle machen das Gleiche, nur einer macht etwas anderes" arrangiert werden.
Hierbei fiel es den Kindern jedoch besonders schwer, neue und weitergehende Ideen zu entwickeln. Sie blieben ganz überwiegend bei der Veränderung von Lagerichtungen. Hinweise darauf, dass Dinge auch etwas anderes "tun" können, als einfach in verschiedenen Richtungen zu stehen oder zu liegen, führten erst in Ansätzen zu fantasievolleren Lösungen.

Hier gibt es weitere Überlegungen zum und Erfahrungen aus diesem Unterricht.

Hier ein Beispiel für das Herausarbeiten des Prinzips im Unterricht.

In einer 4. Klasse mit größeren Disziplinproblemen, in der "Aktionen" der Schüler außerhalb des im Unterricht Angesagten an der Tagesordnung waren, ergab sich aus einer solchen "Aktion" eine - von den Schülern in diesem Sinne ungemeinte - Situation, die der Aufgabenstellung entsprach. Ich wies die Jungen darauf hin, dass sie in diesem Moment eigentlich eine sehr gute Lösung für die Aufgabe gefunden hatten: Drei Jungen ziehen die Tür zu, die ein anderer von außen aufmachen will. Daraufhin wurde die Situation noch einmal nachgestellt und fotografiert. Hier wurde das normalerweise störende "Aus-der-Reihe-Tanzen" der Schüler kunstunterrichtlich gewendet und genutzt.

© Unterrichtsidee: Nicola Rother 2015